Ein süßes Stück Geschichte mit bitterem Nachgeschmack
Berlin wurde im 20. Jahrhundert mehrfach zum Schauplatz unterschiedlichster Konflikte. Dies wurde uns besonders während unseres Besuchs im Alliierten Museum bewusst. Als Leistungskurs Geschichte der 12. Klasse nahmen wir die Reise nach Berlin auf. Frau Scholz und Herr Schumann begleiten uns an diesem Freitag, dem 13., und überraschender Weise verlief trotz dieses besonderen Datums alles reibungslos. Wir hatten folglich noch genügend Zeit bis zur Führung und nachdem der Kaffeeautomat geplündert wurde, holte uns Frau Ahrens ab und die Führung konnte beginnen.
Besonders im ersten Teil der Führung wurde uns die schwierige Situation nach dem Krieg bewusst. Zudem war es spannend zu hören, wie die Alliierten mit den Deutschen umgehen sollten. Britische Soldaten bekamen einen Leitfaden. In diesem stand geschrieben, dass sie fair und anständig gegenüber den Deutschen sein sollten. Allerdings sollten sie nicht weich werden, wenn diese über Geschichten aus dem Krieg berichteten. Die Franzosen sollten bloß kein Mitleid mit den zerstörerischen Deutschen haben. Alle Franzosen hielten sich jedoch nicht daran, denn, wenn sie die zerbombten Städte zu Gesicht bekamen, konnten sie schon mitleidig werden.
Außerdem gab es zusätzlich ein Kontaktverbot zu deutschen Soldaten, welches auch nicht immer eingehalten wurde. Ein weiterer spanender Punkt war der Umgang mit den Kindern. Die Alliierten kümmerten sich hervorragend um diese. Sie richteten zum Beispiel Kinder- und Jugendclubs ein, um die Kinder so schnell es ging zu demokratisieren. Des Weiteren wurde die Schulpflicht schnell wieder eingeführt und es sollte eine kostenlose warme Mahlzeit pro Tag gewährleistet werden. Diese durften die Kinder jedoch nicht mit nach Hause nehmen, denn es bestünde die Möglichkeit, dass die Erwachsenen und somit Mitschuldigen davon essen würden.
Der erste Teil der Führung neigte sich langsam dem Ende zu und wir erfuhren nun etwas über die 1. Berlin-Krise. Da es unterschiedliche Wirtschaftszonen in den Besatzungszonen gab und die Währungsreform in Westdeutschland zu der Berlinblockade führte, welche zur Folge hatte, dass sowjetische Truppen die Zufahrtswege nach Westberlin komplett abriegelten, sah die Situation erst einmal schwierig aus. Die Versorgung war nun nur noch über den Luftweg mit drei Flugkorridoren möglich. Wir hatten die Möglichkeit, in solch ein britisches Transportflugzeug hineinzugehen und es zu besichtigen. Dieses Flugzeug lieferte zum Beispiel Medizin, Nahrung (oft in Pulverform oder getrocknet, um Gewicht zu sparen) und Kohle. Diese machte den Großteil der Lieferungen aus und wurde in 50kg Säcken geliefert. Bei dem Versuch, einen 30kg schweren Kohle Sack anzuheben versagten schon einige von uns. Unvorstellbar, wie anstrengend es gewesen sein muss, diese Säcke immer wieder ein- und auszuladen, zudem kam ca. alle 3 Minuten ein neues Flugzeug an.
Nun aber weg von der körperlich schweren Arbeit und hin zum süßen Teil der Geschichte. Gail Halvorsen war ein amerikanischer Pilot, er hatte Mitleid mit den unten stehenden Kindern. Er suchte nach irgendetwas, um ihnen eine Freude zu bereiten und fand schließlich Kaugummi in seinen Taschen. Er verteilte diese an die Kinder und jene verteilten die Kaugummis fair untereinander auf. Gail war so gerührt davon, wie die Kinder sie teilten und ohne Gier genossen, und wollte noch mehr für sie tun. Daraufhin nahm er seine Ration an Süßigkeiten, bastelte kleine Fallschirme und ließ sie zu den Kindern hinunter. Andere Soldaten taten es ihm gleich und später erfuhr auch die Presse von seinen Vorhaben. Die Presse löste eine Welle von Unterstützung aus und sie hatten von dort an jeden Tag mehrere Kilo Süßigkeiten zur Verfügung. So konnten sie den Kindern eine Freude in dieser schwierigen Zeit machen und ein süßes Stück Geschichte schreiben, jedoch mit bitterem Nachgeschmack durch die Berlinblockade.
Nach diesem Highlight besichtigten wir einen Wagon eines französischen Militärzugs. Dieser durfte als einziger das Schienennetz benutzen, aber nur unter sehr strengen Bedingungen, beispielsweise mussten die Rolläden zu bestimmten Zeiten geschlossen bleiben, niemand durfte im Gang stehen und Deutsche durften nach der Grenze zur DDR auch nicht mitfahren. Die nächste Station der Führung waren ein Wachturm und Stück der Berliner Mauer, welches von Thierry Noir bemalt wurde. Übrigens stieß die Mauerbemalung damals auf Widerspruch, denn die Bemalung würde dieser Grenzabteilung die Ernsthaftigkeit nehmen. Ebenfalls auf dem Außengelände des Museums befand sich ein Kontrollhäuschen des Checkpoints Charlie. Es wurde in drei Abteilungen für die jeweiligen Westalliierten unterteilt. Außen sind zudem Spiegel angebracht, welche natürlich in Richtung Ost-Berlin gerichtet wurden, um die Überwachung zu gewährleisten. Im letzten Teil gingen wir noch einmal in das Gebäude des Museums und besichtigten unter anderem einen Spionagetunnel. Dieser wurde 1954/1955 gebaut, war 450 Meter lang und lag 4 Meter unter der Erde. Mit diesem konnten ca. 500.000 Telefongespräche abgehört werden. Der Tunnel war jedoch durch einen sowjetischen Doppelagenten von Anfang an bekannt. Unsere Führung endete schließlich mit dem Mauerfall und der Verabschiedung der Alliierten aus Deutschland. Insgesamt war es in meinen Augen eine gelungene und strukturierte Führung. Wir alle konnten etwas Neues mitnehmen und viele Details erfahren, für die im Unterricht oft die Zeit fehlt. Trotz der Renovierungsarbeiten hatten wir reichlich Objekte zu erkunden. Das Museum konnte besonders mit seinen Ausstellungsstücken im Außenbereich glänzen. Allerdings sind wir beispielsweise durch den Wagon und den Checkpoint Charlie nur hindurchgelaufen und konnten nicht alles genau betrachten. Außerdem lag der Schwerpunkt des Museums auf den drei westlichen Alliierten und wir konnten nur wenig über die sowjetische Besatzungsmacht erfahren. Dennoch war es ein zielführender Ausflug, welcher unserem Kurs einen guten Einstieg in die Thematik des Kalten Krieges geben konnte. Aus diesem Grund ist ein Besuch des Alliierten Museums zu empfehlen.